Es ist schon anstrengend

Anna-Sophie Schuhmann aus Rottenstein über ihre Erfahrungen mit der Corona-Zeit
 
Anna-Sophie ist 23 und lebt mit ihrem Freund Florian im Elternhaus in Rottenstein. Sie arbeitet derzeit als Wohnbereichsleiterin in einem Seniorenpflegeheim in Haßfurt. Im Herbst wird sie als Pflegedienstleiterin zu einem ambulanten Pflegedienst wechseln.
Anna Sophie
 
Anna-Sophie, erzählst Du ein bisschen über die Auswirkungen der Corona-Krise und der Beschränkungen auf Deine Arbeit im Heim?
Als die Corona-Krise begonnen hat, haben wir im Pflegeheim sprichwörtlich die Türen zugesperrt. Es gab eine Kontakt- und Besuchssperre, das heißt, Angehörige durften die Bewohner nicht mehr besuchen und das Heim nicht betreten.
Es war aber nicht nur die Besuchssperre, die unseren Bewohnern sehr zugesetzt hat. Auch Friseure oder Fußpfleger durften nicht mehr ins Heim kommen. Eine Weile galt das sogar für die Therapeuten. Für manche Bewohner bedeutete das, dass ihre Sozialkontakte komplett weggebrochen sind.
Dazu kommt, dass sich auch das Leben im Heim völlig verändert hat. Die Gruppenbetreuung ist weggefallen. Wir alle laufen nur noch mit Mundschutz herum. Und sobald jemand auch nur geringfügige Symptome zeigt, z. B. Fieber bekommt, werden noch einmal besondere Schutzmaßnahmen ergriffen.
Für viele Bewohner war es besonders belastend, dass die gemeinsamen Mahlzeiten im Speisesaal weggefallen sind. Die meisten Bewohner essen seither nur noch auf ihren Zimmern. Nur wenige, bei denen es nicht anders geht, dürfen mit Abstand zueinander in den Speisesaal kommen.
Auch für uns als Personal war das eine große Umstellung. Wir hatten keine zusätzlichen Mitarbeiter, aber mit einem Schlag mehr Arbeit. Es ist eben ein Unterschied, ob ich das Essen für die Bewohner im Speisesaal austeilen kann, oder ob ich es jedem Bewohner einzeln ins Zimmer bringen und das Geschirr von dort auch wieder abholen muss.
Inzwischen sind auch bei uns einige Lockerungen eingetreten. So dürfen jetzt Angehörige ganz begrenzt, zeitlich als auch örtlich stark eingeschränkt, zu Besuch kommen, und die Anzahl der Bewohner, die wieder im Speisesaal essen, hat sich erhöht.
Ich bin zwar im Büro beschäftigt, aber dennoch direkt auf der Station, und deshalb habe ich Kontakt mit Bewohnern und Mitarbeitern. Außerdem springe ich ja auch das eine oder andere Mal bei der Pflege mit ein.
 
Und wie hat die Corona-Krise Dein Privatleben beeinflusst?
Ich habe am Anfang meine privaten Kontakte zu Freunden oder Bekannten total heruntergefahren und bin praktisch nur noch zwischen zuhause und der Arbeit gependelt. Ich muss ja aufpassen, dass ich das Virus nicht ins Heim einschleppe. Ab und zu war ich noch einkaufen, aber auch da habe ich sehr darauf geachtet, nicht öfter als einmal pro Woche in den Supermarkt zu gehen. In der ersten Zeit habe ich auch alle Arztbesuche abgesagt, die nicht unbedingt notwendig waren.
Inzwischen gehe ich wieder zu privaten Geburtstagen im Familienkreis oder treffe mich mal mit einer Freundin. In Discos oder Clubs bin ich vorher schon nicht so häufig gegangen, das fehlt mir nicht. Beim Einkaufen halte ich mich noch zurück. Beim Bestellen im Internet ist mir aufgefallen, dass die Lieferzeiten sehr lange sind. Letztens wollte ich etwas für meinen Freund im Internet kaufen, aber die Ware kam nicht.
 
Wie hast Du die Corona-Beschränkungen empfunden?
Also, die erste Zeit war es schon deprimierend. Mit den Freunden ließ sich der Kontakt ja noch ganz gut über Videochat halten. Belastender war für mich, dass ich meine Friesenhäuser Oma Gertrud nicht mehr regelmäßig sehen durfte. Aber ich wollte sie auf keinen Fall gefährden.
Dabei ging es uns ja noch gut. Eine Freundin von mir hatte eine Ansteckung in der Familie und musste sechs Wochen lang in die Quarantäne. Das war für sie natürlich hoch belastend. Ganz zu schweigen von denen, die sich angesteckt haben.
 
Hältst Du die jetzigen Beschränkungen für sinnvoll oder für übertrieben?
Ich halte sie für absolut sinnvoll. Die Mundschutzpflicht zum Beispiel hätte schon früher eingeführt werden müssen. Allerdings finde ich es schlimm, dass viele Leute sich gar nicht an die Beschränkungen halten. Letztens habe ich zum Beispiel in Haßfurt eine Gruppe Jugendlicher gesehen, die am Main Party gemacht hat. Da möchte man schonmal hingehen und sie fragen, was sie sich eigentlich denken.
Schwieriger finde ich die Situation für die Schulkinder. Einerseits ist es ja völlig richtig, die Ansteckungsgefahr auch durch Schulschließungen so gering wie möglich zu halten. Auf der anderen Seite: Wo sollen denn die Kinder alle hin?
 
Was glaubst Du, in welche Richtung sich die Corona-Krise entwickelt?
Ehrlich gesagt: Ich glaube, dass wir eine zweite Welle bekommen werden. Viele Leute halten sich einfach nicht an die Beschränkungen. Die Biergärten und Cafés sind ja geöffnet. Man hört auch schon wieder von vielen privaten Feiern. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Also ich setze nicht auf die Vernunft der Leute.
 
Interview: Y. B.
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